Er übernahm auch die Begrüßung, nachdem beide mit etwas Verspätung eintrafen und bezeichnete die Caritas in Rhön-Grabfeld als sehr kreativ mit positiven Anregungen und lobte das wunderbare Verhältnis. Angehörige, die plötzlich vor einer Pflegesituation stünden, könnten hier im PÜZ ausloten, ob sie mit der Pflege zurechtkommen. Er habe dieses Projekt im Arbeitskreis vorgestellt und dafür Gelder locker gemacht. Die Einladung an diesem Nachmittag hatte natürlich auch den Hintergedanken „wir brauche noch mehr Geld“. Durch die Suche nach Zuständigkeiten und weil das Projekt in keine Schublade passt, kam es zu einer zeitlichen Verzögerung. Zu den bewilligten 150.000 Euro kämen jetzt noch erhebliche Mehrkosten. Es sei ein wichtiges Anliegen, das Konzept wissenschaftlich zu begleiten, die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu dokumentieren und dafür Mittel zu erhalten. Im Pflegebereich sei hier ein kreatives Zentrum Bayerns. Er dankte für die gute Zusammenarbeit und ist stolz, seinen Beitrag dazu geleistet zu haben. Für Kreiscaritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs war es eine große Ehre, die Ministerin begrüßen zu dürfen. Ohne die Hilfe von Steffen Vogel und anderer Stellen hätten sie es nicht geschafft. 5 Jahre habe es gebraucht, bis es so weit gekommen ist. Die bereit gelegten Helme und Gummistiefel wurden bei der anschließenden Besichtigung des Hauses aber nicht gebraucht, das weder ambulant noch stationär betrieben wird, wie Angelika Ochs erläuterte, es passe in keine Schublade. In der Anfangszeit werde es einen höheren Aufwand erfordern. Die Angehörigen müssten geschult werden und gleichzeitig genügend Entlastung erfahren, um durchzuhalten. Dazu brauche es viel Anregung und Beratung. Auch die Schulung in der Bedienung der Hilfsmittel gehöre dazu.
In lockerer Gesprächsrunde im Aufenthaltsraum fand der Besuch seine Fortsetzung. Ministerin Huml bedankte sich, dass sie von Steffen Vogel hierher eingeladen wurde. Vom PÜZ habe er ihr schon viel erzählt und bei der Finanzierung geschaut, dass es funktioniert. Das Konzept, die Idee, Menschen und ihre Angehörigen in einer akuten Pflegebedürftigkeit nicht allein zu lassen, bezeichnete sie als bestechend und lobte alle Verantwortlichen. Sie sprach auch die Mobile geriatrische Reha in verschiedenen Orten Oberfrankens an. Daran sehe man, dass Konzepte und Ideen eher aus den fränkischen Regionen kommen. Da die Pflegestützpunktlandschaft in Bayern verteilt ist, war es Johanna Dietz wichtig, die Leiterin des Pflegestützpunktes Rhön-Grabfeld, Sabine Wenzel-Geier, und Veronika Enders von der Fachstelle für Senioren einzuladen.
Johanna Dietz, Leiterin der ambulanten Altenhilfe im Kreiscaritasverband Rhön-Grabfeld, und Ulli Feder, Pflegedienstleiterin der Caritas-Sozialstation Mellrichstadt, stellten sich dann als die Erfinderinnen des PÜZ vor. Hier könne die Möglichkeit getestet werden, ob die häusliche Pflege funktioniert. Im ambulanten PÜZ können zu Pflegende und ihre Angehörigen probewohnen und unter fachlicher Anleitung die Pflegesituation und den Umgang damit üben, ebenso den Einsatz von Hilfsmitteln. Auch räumliche Barrieren würden aufgezeigt, die oftmals Schwachstellen für eine häusliche Versorgung darstellen. Mit einem Wort: durch die Beratung aus einer Hand und durch den Zugriff auf ein funktionierendes Netzwerk können die Menschen am Ende des Aufenthaltes eine für alle richtige Entscheidung zur weiteren Versorgung treffen. Die beiden „Erfinderinnen“ haben das Ziel, dass ihr PÜZ bayernweit für Menschen in einer Pflegesituation angewendet wird. „Gute Pflege kann mit der richtigen Unterstützung eine Bereicherung für alle Seiten sein“, brachten sie es auf den Punkt. Sie wünschen sich wissenschaftliche Begleitung, damit die Nachhaltigkeit gesichert ist.
Ministerin Huml stellte fest, dass die Pflegebedürftigkeit in Bayern steigt. Sie könnten versuchten, finanziell zu unterstützen. Es bliebe aber die Frage, was gemeinschaftlich getan werden könne. Wenn Angehörige zur Pflege befähigt würden, wäre es eine Chance, dass der Pflegebedürftige länger in der Häuslichkeit bleiben könnte.
Angelika Ochs informierte, dass gerade beim Franziska-Streitel-Seniorenheim in Mellrichstadt ein Ersatzbau geplant werde. Dabei würden 2 bis 3 reine Kurzzeitpflegeplätze eingeplant, was für das Personal eine große Herausforderung bedeute. Bei der Caritas werde ambulant, stationär und teilstationär vorgehalten. Das PÜZ sei dazu ein idealer Baustein, meinte die Ministerin. Domkapitular Clemens Bieber zollte dem Projekt PÜZ Respekt und sagte danke. Er habe die Ministerin immer wieder erleben dürfen, wo sie ihr Augenmerk auf die vielen kleinen Versuche, etwas zu verbessern, gelenkt hat. Als Caritas in Unterfranken wurde die ganzen Jahre versucht, der Not von Angehörigen abzuhelfen, wo es noch nicht die verbesserten Bedingungen gab. Momentan stehe als Riesenballast die Sanierung vieler Häuser an. Sie müssten flexibler werden, um Abhilfe im Pflegebereich schaffen zu können. Das PÜZ findet er genial. „Ermutigung“ ist sein Stichwort. Die meisten hätten Angst vor einer Pflegesituation. Leider werde in der Gesellschaft vergessen, dass es eine natürliche Solidarität gibt. Es brauche noch viel Initiative, auch im Bereich der grundsätzlichen Einstellung. Der Umgang mit Angehörigen könne ein wichtiger Beitrag sein.
Angelika Zotter, 2. Vorsitzende des Caritasverbandes Rhön-Grabfeld, möchte die Gemeinschaft wieder stärken. Früher gab es die Gemeindeschwester oder den Hilfeverbund in den kleinen Ortschaften.
Es bedurfte des starken Einsatzes von Steffen Vogel und Sandro Kirchner, bestätigte Ministerin Huml, um die 150.000 Euro Fördergelder hierher zu lotsen. Dabei sagte sie zu, dass die zusätzlich angeforderten Gelder – ca. 60.000 Euro - auch fließen werden. Beim Schritt in die Investitionskostenförderung sei auch die Sanierung dabei. Für ein Heim, das sich öffnet, würden 60.000 Euro, für ein abgeschlossenes Pflegeheim 40.000 Euro gefördert. Sie möchte die Pflegeheime anregen, Orte der Begegnung zu werden. Angelika Ochs freute sich sehr über die zugesagte Förderung. So könne ordentlich zu Ende gebaut werden. 100 Menschen im Landkreis würden mit Herzblut und viel Engagement pflegen, sie würden sich ebenso über gute Nachrichten freuen.
Wie man zu mehr Personal kommt, fragte Angelika Zotter. Diese Aufgabe würde sie und den Landkreis umtreiben, beteuerte Ministerin Huml. Dieses positive Beispiel mit dem PÜZ hätte gezeigt, dass etwas Interessantes bei der Pflege herauskommen könne. Die Pflegeausbildung würde im Moment verändert. Wichtig sei, dass die Pflege positiv von sich selber sprechen müsse. Der Verdienst spiele dabei oft eine untergeordnete Rolle.
2. Bürgermeister Thomas Dietz bezeichnete das PÜZ als eine Supersache, die beiden Erfinderinnen würden sehr selbstsicher dahinter stehen. Er ist der Überzeugung, dass das ein Vorzeigeprojekt ist. Die Caritas sei ein starker Partner. Man habe hier zwei Altenheime mit 130 Senioren, in einer früheren Schieflage habe die Caritas sehr unterstützt. „Ein tolles Projekt für die Menschen, das Pflegeübungszentrum PÜZ – weiter so“ schrieb Ministerin Melanie Huml anschließend in das Goldene Buch er Stadt. Angelika Ochs lud sie schon mal zur Eröffnung des PÜZ ein.
© Brigitte Gburek