Zum Beginn der Interkulturelle Woche 2021 zeigten die Pfarrei Mariä Himmelfahrt, die Kirchliche Jugendarbeit der Regio Bad Neustadt, die Fachbereiche Allgemeiner Sozialer Beratungsdienst, Flüchtlings- und Integrationsberatung sowie die Gemeindecaritas des Caritasverbandes Rhön-Grabfeld gemeinsam den Film "Wir sind jetzt hier" von Ronja von Wurmb-Seibel und Niklas Schenck in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Bad Neustadt/Saale. In dem Film geht es um Geschichten über das Ankommen.
Als 2015 mehr als 800.000 Geflüchtete nach Deutschland kamen, waren sie die Angstgegner aller Integrationsskeptiker_innen: Junge Männer, die allein aus Syrien oder Afghanistan, aus Somalia, Eritrea oder dem Irak nach Deutschland kamen. Viel häufiger wurde über sie gesprochen als mit ihnen – und da setzt der Film an. Sieben junge Männer erzählen in die Kamera vom Ankommen in Deutschland – von lustigen und beglückenden Momenten und von Momenten tiefster Verzweiflung, von ihren Ängsten und wie sie mit ihnen umgegangen sind, von Rassismus und von der Liebe. Ihre Geschichten lassen die Zuschauer_innen teilhaben an den emotionalen Turbulenzen, die eine Flucht fast immer nach sich zieht und sie erzählen viel darüber, was es auch in den nächsten Jahren noch braucht, damit Integration gelingt.
Bei der anschließenden Gesprächsrunde erzählten Amira Ibrahim, eine kurdische Mutter zweier Kinder, Angelika Högn-Kössler, eine langjährige auch in der Flüchtlingshilfe engagierte Ehrenamtliche und Veronika Keim, eine Sprachkurs Leiterin der VHS in Bad Königshofen von ihren Erfahrungen. Markus Till (Leiter der Erziehungsberatungsstelle des Caritasverbandes f.d. Landkreis Rhön-Grabfeld e.V.) moderierte die Runde. Frau Ibrahim erzählte wie es ihrer Familie hier in Deutschland ergangen ist. Von ihrer ersten Zeit in der Notunterkunft in Bad Neustadt im alten Pfeuffer Gebäude und dann in Nordheim. Viele Menschen sind dort auf sie zugekommen und haben sie bis heute unterstützt. Dafür ist sie sehr dankbar. Inzwischen haben sie und ihr Mann Arbeit. Die Kinder gehen in die Schule und die Familie fühlt sich sehr wohl hier in Deutschland und schon gut integriert. Wenn sie Fragen hat, kann sie jederzeit ihre deutschen Freunde und Bekannte ansprechen. Sie möchte noch besser Deutsch lernen, um eine bessere Arbeit zu bekommen und unabhängig vom Jobcenter zu sein. Frau Keim betonte wie wichtig es sei Kontakte zu suchen und zu pflegen. Nur so kann Integration gelingen, indem ich Beziehungen zu den Menschen aufbaue. Ihrer Meinung nach macht Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern ganz viel, damit sich die Migranten integrieren können. Traurig stimmt sie, wenn sie Lernwillige abweisen muss, weil sie nicht berechtigt sind einen Integrationskurs zu besuchen. Auch bei bürokratischen Hürden solle man nicht aufgeben, sondern dranbleiben und andere um Hilfe bitten. Frau Högn-Kössler hat sehr viele schöne Erfahrungen im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe gemacht, aber es gab natürlich auch immer wieder Hürden zu überwinden, oft im Zusammenhang mit den Behörden. Sie wünschte sich, dass auf dem Amt auch mal „über den eigenen Schreibtisch hinweg geschaut“ werden könnte, um manches zu erleichtern. Aus dem Publikum meldete sich eine junge Afghanin zu Wort. Auch sie erzählte von ihren Erfahrungen. Sie habe noch nie hier in Deutschland Rassismus erlebt, dass sie gute Unterstützung bekommen hat durch Ehrenamtliche; sie bat darum, nicht jeden Ausländer in eine Schublade zu stecken und es nachzusehen, wenn gerade ältere Menschen nicht so schnell Deutsch lernen wie sie es durch den Schulbesuch lernen konnte. Ihr Statement war: „Die Welt gehört allen Menschen“, oder wie es im Film von einem jungen Mann gesagt wurde: „Wir sind doch alle Menschen, voll mit Gefühl!“
Die Kirche war, dank der Zuweisungen von Küsterin Hiltrud Christ fast bis auf den letzten Platz mit 52 Teilnehmer_innen voll besetzt. Es war ein gelungener Abend und auch ein Stück Integration. Integration erfolgt sehr unterschiedlich durch gegenseitige Annäherung und Kommunikation, durch das Finden von Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Abbau von Vorurteilen, Rassismus und Diskriminierung und die gegenseitige Akzeptanz und Anerkennung. Die Wege zur Integration sind nicht immer leicht und oft sehr unterschiedlich. Wichtig ist Offenheit zu zeigen sowie die Bereitschaft, sich zu integrieren, durch das Erlernen der Sprache, durch Kenntnisse über und die Akzeptanz von herrschenden Regeln- und Rechtsnormen hier in Deutschland. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Einbindung in die örtliche Gemeinschaft, die Stärkung der sozialen Kompetenzen von Zuwander_innen und auch die Motivation und Anleitung zum bürgerschaftlichen Engagement. Beim Caritasverband melden sich jetzt immer öfter auch Geflüchtete, die mithelfen möchten, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, die wieder was zurückgeben möchten. Die Sprache ist für viele keine zu große Hürde mehr. V.a. in der Beratung unterstützen Zuwanderer gerne als Sprachmittler. Zur Eröffnung der Interkulturelle Woche 2021 sagte Weihbischof Horst Eberlein vom Erzbistum Hamburg in seiner Predigt: "#offengeht – das ist nicht nur die Botschaft der Interkulturellen Woche. #offengeht ist auch eine Gottesbotschaft." Und weiter: "Offenheit im Herz und im Geist hat dazu geführt, dass Deutschland zahlreichen Eingewanderten und ihren Nachkommen zur Heimat werden konnte. Ausgrenzung und Abschottung, Abwertung und Arroganz – wer Ressentiments schürt und die einen gegen die anderen ausspielt, hat die christliche Botschaft nicht verstanden." Erst Offenheit mache Gemeinschaft möglich, betonte Eberlein. "So ist das nicht nur bei uns Christen, sondern in allen Weltreligionen und sogar selbst bei Menschen guten Willens ohne Glauben an einen Gott."
Auf der Homepage der Friedrich Ebert Stiftung gibt es unter https://www.fes.de/themenportal-flucht-migration-integration/artikelseite-flucht-migration-integration/wir-sind-jetzt-hier mehr Informationen zum Film.
Bei weiteren Fragen oder dem Wunsch sich ehrenamtlich zu engagieren, wenden Sie sich bitte an den Caritasverband für den Landkreis Rhön-Grabfeld e.V., Elke Storch, Gemeindecaritas, Telefon: 09771 / 6116 -23, Fax: 09771 / 6116 -33 oder E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.