Zum heutigen Beschluss der CDU Deutschlands „Die Neue Grundsicherung“ und der damit zusammenhängenden längerfristigen Bürgergeld-Debatte hebt die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva M. Welskop-Deffaa, hervor:
"Nachdem die Debatte um vermeintliche Fehlanreize des Bürgergeldes in den letzten Monaten teilweise populistische Züge trug, in denen auch die Union nicht frei von der Versuchung war, das Bild des Sozialschmarotzers zu bedienen, ist es sehr zu begrüßen, dass die Opposition nun klarer beschreibt, welche Reformen sie sich vorstellt.
Aus Sicht der Caritas sind zwei kritische Punkte aus dem CDU-Vorschlag besonders intensiv daraufhin zu prüfen, ob und wie sie ohne unvertretbare Härten realisierbar sein können: Die Begrenzung der Mietkostenübernahme für (zu große) Wohnungen von SGB-II-Leistungsempfängern und die Existenzsicherung der Familienangehörigen, die von der Sanktionierung eines "Total-Verweigers" als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mitbetroffen wären.
Für den Caritasverband gilt: Keinesfalls darf eine SGB-II-Reform die reale Lage am Wohnungsmarkt verkennen. Kleine und finanzierbare Wohnungen sind Mangelware. Es darf nicht zu Obdachlosigkeit dadurch kommen, dass die Übernahme der Kosten der Unterkunft realitätsfern gekürzt wird. Aktuell wird von der Bundesregierung ein Nationaler Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit erarbeitet, der die Dimension, die das Problem bereits heute hat, umfangreich beleuchtet. Unbedingt muss ein weiterer Anstieg der Obdachlosigkeit verhindert werden.
Bei den Familienangehörigen der Bedarfsgemeinschaft lässt die Formulierung der Union daran denken, die Methode der Berechnung der individuellen Leistungssätze (vertikale vs. horizontale Berechnung) zu ändern. Sollte sich dieser Vorschlag hinter der Formulierung der Union verbergen, könnten sich womöglich alte Schwierigkeiten - etwa mit der Unterhaltsvermutung von nicht-verheirateten Partnern für Kinder von SGB-II-Empfängerinnen - lösen lassen. Hierzu suchen wir mit der Union gerne das Gespräch.
Notwendig ist, in der Bürgergeld-Diskussion an allen Reformbaustellen die Debatte faktenbasiert zu versachlichen. Wir bekräftigen: Ein Großteil der Grundsicherungsempfänger_innen ist entweder nicht erwerbsfähig oder steht dem Arbeitsmarkt derzeit nicht zur Verfügung. Jüngste Zahlen der aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit von Februar 2024 zeigen: Für 700.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte (das sind 18 Prozent) war eine Arbeit derzeit nicht zumutbar, weil sie entweder kleine Kinder betreuten bzw. Angehörige pflegten oder noch zur Schule gingen bzw. studierten. Wichtig ist dem Deutschen Caritasverband, dass in der Debatte zur Grundsicherung der befähigende Charakter des SGB-II-Leistungssystems gestärkt wird, so wie es die Reform des Hartz IV-System hin zum Bürgergeld mit der Intensivierung der Weiterbildungschancen ausdrücklich angestrebt hat.
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